25.03.2022

Gasspeichergesetz stellt Speicherbranche vor enorme Herausforderungen

Heute hat der Deutsche Bundestag in zweiter und dritter Lesung das Gasspeichergesetz beraten und die damit verbundenen Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) beschlossen. Die Gasspeicherbranche steht angesichts der neuen Regelungen vor großen finanziellen, rechtlichen und operativen Risiken und stellt sich nun der Herausforderung, dennoch die Wintervorsorge abzusichern.

Mit den beschlossenen Änderungen wird ein vormals liberalisierter Gasspeichermarkt nunmehr strengen Regulierungsvorschriften mit weitreichenden Folgen unterworfen. Der radikale Umbau des Gasspeichermarktes birgt große finanzielle, rechtliche und operative Risiken. Die Gasspeicherbetreiber stellen sich nun in äußerst kurzer Zeit den enormen Herausforderungen, die durch das Gesetz auf sie zukommen, um eine Wintervorsorge in Form von gut gefüllten Gasspeichern zu ermöglichen.

Sebastian Bleschke, Geschäftsführer der Initiative Energien Speichern e.V. (INES), kommentiert den Beschluss des Gasspeichergesetzes mit folgenden Worten: „Das Gasspeichergesetz führt Vorschriften ein, die die Gasspeicherung für Marktakteure unattraktiv werden lässt. In der Folge werden die politisch gewünschten Füllstände zu großen Teilen durch den Marktgebietsverantwortlichen sichergestellt werden müssen. Mit dem Gasspeichergesetz wird ein bislang dezentral marktwirtschaftlich organisierter Gasspeichermarkt innerhalb weniger Monate in zentral organisierte und politisch gesteuerte Strukturen umgebaut. Diese radikale Transformation bringt große finanzielle, rechtliche und operative Risiken mit sich. Die Gasspeicherbetreiber in Deutschland werden an der Reduktion dieser Risiken arbeiten und damit zur Überwindung der nunmehr enormen Herausforderungen für das Erreichen einer Wintervorsorge in Form von gut gefüllten Gasspeichern beitragen.“

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Nach dem Gasspeichergesetz sollen Speicherkunden künftig Füllstandsvorgaben einhalten. Wenn die Vorgaben nicht beachtet werden, droht ihnen der Entzug der gebuchten Speicherkapazitäten. Nachfolgend erläutern wir Ihnen wichtige Regelungen im Detail.

Füllstandsvorgaben:

Gemäß § 35b Abs. 1 EnWG hat der Betreiber eines Gasspeichers vertragliche Regelungen aufzunehmen, welche die jeweiligen Rahmenbedingungen zur Erreichung bestimmter Füllstandsvorgaben definieren. Die Füllstandsvorgaben sind:

  • 80 Prozent am 1. Oktober.
  • 90 Prozent am 1. November und
  • 40 Prozent am 1. Februar.

Gemäß § 35b Abs. 4 EnWG haben Betreiber von Gasspeichern einen Nachweis über die Einhaltung der Vorgaben zu erbringen. Es ist darüber hinaus auch ein Füllstand zum 1. August nachzuweisen, der die Erreichung der vorgenannten Füllstandsvorgaben „nicht gefährdet“.

Bereitstellung ungenutzter Speicherkapazitäten:

Neben den Füllstandsvorgaben haben Gasspeicherbetreiber gemäß § 35b Abs. 6 EnWG in den Speichernutzungsverträgen Bestimmungen aufzunehmen, welche sie berechtigen, von Speichernutzern nicht genutzte Speicherkapazitäten dem Marktgebietsverantwortlichen zur Verfügung zu stellen. Der Speichernutzer bleibt zur Zahlung der Speicherentgelte verpflichtet, mit Ausnahme der variablen Entgelte für die Ein- und Ausspeicherung. Gemäß § 118 Abs. 36 EnWG sind die vertraglichen Bestimmungen nach dem 14. Juli 2022 auch auf Bestandsverträge, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes geschlossen wurden, anzuwenden. Stimmt ein Speichernutzer den vertraglichen Änderungen nicht zu, kann der Betreiber den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen.

Strategische Optionen zur Vorhaltung von Gas:

Gemäß § 35c EnWG hat der Marktgebietsverantwortliche zur Erreichung der Füllstände nach § 35b nach Zustimmung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Einvernehmen mit der Bundesnetzagentur (BNetzA) in marktbasierten, transparenten und nicht diskriminierenden öffentlichen Ausschreibungsverfahren strategische Optionen zur Vorhaltung von Gas (Gas-Optionen) in angemessenem Umfang zu beschaffen. Reichen die Gas-Optionen nicht aus, nutzt der Marktgebietsverantwortliche nach Zustimmung des BMWK im Einvernehmen mit der BNetzA zusätzliche, auch kurzfristige Ausschreibungen von Gas-Optionen oder erwirbt selbst physisch Gas zur Einspeicherung in die zur Verfügung gestellten Speicherkapazitäten. Reichen die zur Verfügung gestellten Kapazitäten nicht zur Erreichung der Füllstandsvorgaben aus, kann der Marktgebietsverantwortliche die benötigten Speicherkapazitäten selbst buchen. Hierfür wird das „durchschnittlich kostengünstigste“ Speicherentgelt der letzten drei Speicherjahre für die jeweilige Gasspeicheranlage zu Grunde gelegt.

Folgewirkungen des Gasspeichergesetzes:

Die gesetzlich vorgeschriebenen Vorgaben für Speicherkunden werden bestehende und neue Buchungen von Speicherkapazitäten entwerten. In der Folge werden Speicherkunden zunehmend von neuen Speicherbuchungen absehen und Bestandsverträge werden einem großen Kündigungsrisiko ausgesetzt. Um den Rückgang der marktwirtschaftlichen Speichernutzung kompensieren zu können und die Erreichung der politisch gewünschten Füllstande sicherzustellen, wird der Marktgebietsverantwortlich in entsprechendem Umfang die neu eingeführten Gas-Optionen verwenden oder selbst Gas kaufen und physisch einspeichern müssen. Im Fall ungebuchter Speicherkapazität bezahlt er entsprechend der gesetzlichen Vorgabe das durchschnittlich kostengünstigste Speicherentgelt. Vor dem Hintergrund des Rückgangs marktwirtschaftlicher Buchungen und der geringen Preisfestlegung für Buchungen durch den Marktgebietsverantwortlichen ist die wirtschaftliche Grundlage des Gasspeicherbetriebs in Deutschland gefährdet.

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