09.01.2024
INES übermittelt Detailanalyse zum Wasserstoff-Kernnetz
Im Rahmen eines Konsultationsverfahrens zum Antragsentwurf für das Wasserstoff-Kernnetz hat INES eine Stellungnahme in Form einer Detailanalyse bei der Bundesnetzagentur eingereicht. Die Detailanalyse macht deutlich, dass das Wasserstoff-Kernnetz bereits auf eine längerfristige Bedarfsperspektive weit über das Jahr 2032 hinaus ausgelegt wird. Im Einklang mit dieser Perspektive stehen die angenommenen Elektrolyse- und Terminalkapazitäten. Während die Importkapazitäten an Grenzübergangspunkten über die längerfristige Bedarfsperspektive hinaus dimensioniert werden, beinhalten die Planungen für Wasserstoffspeicher nur aktuell bekannte Projekte. Durch eine stärkere Berücksichtigung von Speicherkapazitäten und eine Reduktion der Importkapazitäten ließen sich die Transportanforderungen in den gewählten Lastfällen zur Auslegung des Wasserstoff-Kernnetzes verringern.
Der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur soll mit der Planung und Errichtung eines Wasserstoff-Kernnetzes erfolgen. Ein aktueller Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) nach Inkrafttreten des Gesetzes der Bundesnetzagentur (BNetzA) einen Antrag mit Maßnahmen zur Errichtung des Wasserstoff-Kernnetzes vorlegen. Um eine zeitnahe Genehmigung nach Vorlage des formellen Antrages zu begünstigen, haben die FNB das Wasserstoff-Kernnetz bereits modelliert und der BNetzA am 15. November 2023 einen Antragsentwurf vorgelegt. Die BNetzA hat diesen Antragsentwurf bis zum 8. Januar 2024 zur Konsultation gestellt.
INES hat im Rahmen des Konsultationsverfahrens eine Detailanalyse zum Antragsentwurf des Wasserstoff-Kernnetzes erstellt und als Stellungnahme bei der BNetzA eingereicht. Die INES-Detailanalyse kommt zu folgenden zentralen Ergebnissen:
- Die in der Planung angenommenen Wasserstoffverbräuche im Umfang von maximal 80 GWth 269 TWhth übersteigen den tatsächlichen Wasserstoffbedarf im Jahr 2032 aller Voraussicht nach deutlich. Es handelt sich dabei also um eine Bedarfsperspektive zur Netzauslegung, die erst für deutlich spätere Jahre zu erwarten ist.
- Für die inländische Wasserstoffproduktion über Elektrolyseure werden Einspeisungen für das Jahr 2032 angenommen (in Höhe von 88 TWhth), die voraussichtlich erst für deutlich spätere Jahre zu erwarten sind. Mit der angenommenen längerfristigen Bedarfsperspektive steht diese Planungsprämisse im Einklang.
- Die angenommenen knapp 16 GWhth/h Terminalkapazitäten zum Wasserstoffimport sind mit Blick auf die längerfristige Bedarfsperspektive nachvollziehbar.
- Die angenommenen Importkapazitäten an Grenzübergangspunkten (GÜP) im Umfang von über 58 GWhth/h könnten trotz der längerfristigen Bedarfsperspektive im Jahresdurchschnitt nur zu knapp 12 Prozent ausgelastet sein. Die GÜP scheinen also um ein Vielfaches überdimensioniert zu sein, obwohl ein Auslegungsfall zugrunde liegt, der eher ein Zielsystem im Jahr 2045 bzw. 2050 beschreibt.
- Die angenommenen Wasserstoffspeicherkapazitäten im Umfang von rund 8 GWhth/h (Ausspeicherkapazitäten) decken den Flexibilitätsbedarf, der sich aus der vorgesehenen Bedarfsperspektive im Umfang von 49 GWth ergeben könnte, nur zu knapp 17 Prozent. Da die Kernnetzplanung in allen anderen Aspekten weit über den Zeitraum 2032 hinausgeht, erscheint es inkonsistent, dass der Kernnetzplanung nur aktuell bekannte Wasserstoffspeicherprojekte zugrunde gelegt wurden.
- Im Lastfall „Winter“ wird eine sehr hohe Auslastung umfangreicher Importkapazitäten in der Region Nord angenommen, die Transportanforderungen zwischen Nord und West im Umfang von knapp 23 GWth Diese Transportanforderungen können in erheblichem Umfang reduziert werden, wenn Importkapazitäten in der Region Nord durch Speicherkapazitäten in der Region West substituiert werden. In vergleichbarer Weise könnten die Transportanforderungen zwischen der Region Nord und Ost reduziert werden.
- Die Herbstlastfälle offenbaren, dass die sehr großen, der Netzplanung zugrunde gelegten, Importkapazitäten bei regionaler Vollauslastung umfangreiche Flexibilitäten auf der Abnahmeseite erfordern. Vor allem die beiden Herbstlastfälle Nord und West zeigen, dass eine signifikante Erhöhung der Verbrauchslasten um bis zu 21 GWth erforderlich ist, wenn Wasserstoffspeicherkapazitäten nur unzureichend angenommen werden.
Vor dem Hintergrund der durchgeführten Analysen empfiehlt INES, folgende Maßnahmen zu ergreifen, um Risiken bei der Wasserstoffnetzplanung zu reduzieren:
- Die angenommene Nachfrageperspektive sollte zeitlich neu eingeordnet werden, weil es sich dabei vielmehr um eine längerfristige Bedarfsperspektive handelt, die erst weit nach 2032 zu erwarten ist.
- Ausgehend von der längerfristigen Bedarfsperspektive sollte eine fundierte Analyse der Wasserstoffquellen außerhalb Deutschlands durchgeführt werden, um sachgerecht über die Allokation von Importkapazitäten (GÜP und Terminals) zu entscheiden.
- Speicherkapazitäten sollten Importkapazitäten substituieren, die bislang zur Flexibilitätsbereitstellung eingeplant werden, um die Transportanforderungen im Wasserstoffnetz zu optimieren. Dazu ist es erforderlich, die angenommenen Speicherkapazitäten an der längerfristigen Bedarfsperspektive auszurichten. Der angenommene Umfang an Wasserstoffspeicherkapazitäten (aktuell bekannte Projekte) passt nicht zur abgebildeten Bedarfsperspektive, die weit über das Jahr 2032 hinaus reicht.
- Ein Finanzierungskonzept sollte grundsätzlich verhindern, dass die FNB ökonomische Risiken einer Fehlplanung auf andere Akteure (Staat, Erdgasmarkt) verlagern können. Es sollte deshalb eine Quersubventionierung vermieden und eine angemessene Risikobeteiligung durch Selbstbehalt an den Fehlbeträgen des Amortisationskontos sichergestellt werden.
Sebastian Heinermann, INES-Geschäftsführer kommentiert die Veröffentlichung wie folgt: „Das Wasserstoffnetz ist ein zentrales Element des Markthochlaufs. Wenn das Netz auf eine Bedarfsperspektive weit nach 2032 ausgelegt wird, dann sollten alle Komponenten, und damit auch künftige Wasserstoffspeicher, im Einklang mit dieser Perspektive betrachtet werden. In den Lastfällen wird deutlich, zu welch hohen Transportanforderungen es kommen kann, wenn Wasserstoffspeicher nicht ausreichend Berücksichtigung finden und stattdessen sehr große Importkapazitäten geplant werden. Da in der Planung keine Angebotsanalyse über Deutschland hinaus vorgelegt worden ist, bleibt unklar, ob Flexibilität im erforderlichen Umfang im Ausland vorhanden ist und importiert werden könnte.“
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