23.03.2016
Zur Verbesserung der zukünftigen Gasversorgungssicherheit hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit seinem Eckpunktepapier „Maßnahmen zur weiteren Steigerung der Erdgasversorgungssicherheit“ die Einrichtung einer Regelenergie-Reserve über die Marktgebietsverantwortlichen, bspw. in Speichern, vorgeschlagen. Die nun vorliegende Studie der nymoen|strategieberatung zeigt, dass die europäischen Vorgaben für einen Versorgungsstandard mit einer Regelenergie-Reserve wirksam in Deutschland umgesetzt werden können und ein gasverbrauchender Haushalt mit nur einem Euro pro Jahr zusätzlich belastet wird.
Im Rahmen der Debatte über politische Maßnahmen zur Stärkung der deutschen Gasversorgungssicherheit empfiehlt die Initiative Erdgasspeicher e.V. (INES), eine Vorsorge gemäß Versorgungsstandard für geschützte Kunden über die Marktgebietsverantwortlichen einzurichten und hat ein entsprechendes Modell entwickelt und vorgestellt. INES regt in diesem Zusammenhang an, durch Änderung des § 53a EnWG eine Vorsorge von Gasmengen für geschützte Kunden verpflichtend einzuführen und damit das Gasbeschaffungsrisiko insbesondere für den lebenswichtigen Wärmebedarf von Haushaltskunden zu minimieren. Mit einer entsprechenden Ausgestaltung langfristiger Regelenergieprodukte (MOL 4), wie vom BMWi im Eckpunktepapier vorgeschlagen, kann eine solche Vorsorge physisch wirksam in Speichern eingerichtet werden.
Wird eine Vorsorge in Erdgasspeichern dargestellt und in ihrem Umfang an dem Versorgungsstandard für geschützte Kunden ausgerichtet, sind zur Absicherung der drei darin definierten Extremszenarien Ausspeicherraten in Höhe von rund 2.500 GWh pro Tag für bis zu 30 Tage und rund 3.260 GWh pro Tag über einen Zeitraum von maximal sieben Tagen vorzuhalten. Über eine Kombination von zwei langfristigen Regelenergieprodukten, die die unterschiedlichen Lieferintervalle (7 und 30 Tage) berücksichtigen, kann im Ergebnis eine Speichervorsorge für Deutschland geschaffen werden, die entsprechend dem europäischen Auftrag alle drei Extremszenarien gemäß Versorgungsstandard absichert.
Im Rahmen einer Analyse wurden die mit einer solchen Vorsorge verbundenen Kosten für das Gaswirtschaftsjahr 2014/2015 von der nymoen|strategieberatung quantifiziert. Die von INES vorgeschlagene Speichervorsorge hätte im betrachteten Zeitraum volkswirtschaftliche Kosten in Höhe von rund 15 Mio. Euro verursacht. Der Gasverbrauch der geschützten Kunden lag im Gaswirtschaftsjahr 2014/2015 bei rund 294 TWh. Einem Haushalt mit einem jährlichen Gasverbrauch von 20.000 kWh wären also zusätzlichen Kosten in Höhe von rund einem Euro pro Jahr entstanden.
In Krisenzeiten könnte die Regelenergie-Reserve zusätzliche Gasmengen (Liquidität) an die Handelsplätze bringen und damit die zur Aufrechterhaltung der Gasversorgung geschützter Kunden erforderliche Gasmengen bereitstellen. Die zusätzliche Liquidität an den Handelsplätzen würde auch das aktuelle Anreizsystem zur Vorsorge in Form des Ausgleichsenergiepreises nicht negativ beeinflussen, sondern vielmehr in Krisenzeiten systemisch stützen und aufrechterhalten.
„Das Ergebnis der Studie bekräftig uns in der Gewissheit, ein konstruktives und kostengünstiges Modell zur weiteren Steigerung der deutschen Erdgasversorgungssicherheit entwickelt und vorgeschlagen zu haben. Wir reden hier von jährlich rund 15 Mio. Euro, die wir in Zeiten einer erneuten Ukraine-Krise und damit verbundenen Spannungen mit Russland in eine Absicherung des lebenswichtigen gasbasierten Wärmebedarfs deutscher Haushalte investieren wollen“, kommentierte INES-Vorstandsvorsitzender Bernd Protze die Veröffentlichung der Studie. „Im Vergleich zu den in diesem Jahr zusätzlich ausgewiesenen Netzausbaukosten der Gasinfrastruktur in Höhe von knapp einer Mrd. Euro ein fast lächerlich wirkender Betrag, der allerdings große Wirkung entfaltet“, fügte er hinzu.
Claus Obholzer, stellvertretender INES-Vorstandsvorsitzender, ergänzte: „Mit der geplanten Novellierung der Erdgasversorgungssicherheits-Verordnung soll in Europa ein Solidaritätsgrundsatz eingeführt werden. Mitgliedsstaaten sollen nicht geschützte Kunden in Krisenzeiten zur Versorgung der geschützten Kunden in Nachbarstaaten abschalten müssen. Um eine Akzeptanz für diesen Solidargedanken zu schaffen, ist es wichtiger denn je, dass die Mitgliedsstaaten zunächst ihre eigenen Hausaufgaben machen und die europäischen Verpflichtungen, so auch den Versorgungsstandard, wirksam national umsetzen.“